Themen  »  Unterhalt nach einer Scheidung

Das aktuelle Unterhaltsrecht

Seit dem 01.01.2008 ist das neue Unterhaltsrecht in Kraft. Zentrales Ziel des neuen Unterhaltsrechts ist die finanzielle Absicherung minderjähriger Kinder. Darüber hinaus sollen Elternteile finanziell abgesichert werden, die Kleinkinder erziehen. Das Kindeswohl steht dabei über Allem.

Gegenüber dem vor der Reform geltenden Recht bedeutet dies erhebliche Veränderungen. Auch bisher stand das Kind an erster Rangfolge für Unterhaltsansprüche, musste sich diesen Rang jedoch mit dem geschiedenen oder aktuellen Ehegatten teilen. Nunmehr hat der Kindesunterhalt Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen.

Bei der Frage eines zu zahlenden Unterhalts berücksichtigt das neue Unterhaltsrecht jetzt stärker die sich stets wandelbaren ehelichen und nachehelichen Lebensverhältnisse.

Im Weiteren wird Ihnen ein Überblick zu den wichtigsten Unterhaltsfragen bei Trennung und Scheidung verschafft. Selbstverständlich beraten wir Sie im Rahmen Ihrer Scheidung persönlich und zugeschnitten auf Ihre konkrete Situation – denn: Eine individuelle Beratung ist erforderlicher denn je.

Kindesunterhalt

Das Kindeswohl steht nach der Unterhaltsreform an erster Stelle. Es soll sichergestellt werden, dass minderjährige Kinder vorrangig vor allen anderen Unterhaltsberechtigten Unterhalt erhalten.

Folglich erhalten nachrangig Berechtigte  (wie getrennt lebende oder aber geschiedene Ehegatten) ihren Unterhalt nur noch aus dem Restbetrag des zur Verfügung stehenden Einkommens nach Abzug des zu zahlenden Kindesunterhalts. Nachrangig Berechtigte erhalten somit nur noch einen gekürzten oder aber gar keinen Unterhalt mehr.

Der zu zahlende Kindesunterhalt bemisst sich nach der jeweilig gültigen Düsseldorfer Tabelle, die in Altersstufen und Einkommensgruppen untergliedert ist. Das in der Regel an den betreuenden Elternteil ausgezahlte Kindergeld wird zu 50 % auf den von dem Verpflichteten zu zahlenden Kindesunterhalt angerechnet.

Ehegattenunterhalt

Das neue Unterhaltsrecht unterliegt folgendem Grundgedanken: Nach einer Ehescheidung ist grundsätzlich jeder der geschiedenen Ehegatten verpflichtet, für seinen eigenen Unterhalt selbst Sorge zu tragen. Dabei gilt der Grundsatz der Eigenverantwortung. Ob und in welcher Höhe ein nachehelicher Unterhalt zu zahlen ist, richtet sich nicht mehr primär nach den ehelichen Lebensverhältnissen, sondern nach der Frage, ob ehebedingte Nachteile vorliegen und wie diese auszugleichen sind. Ist beispielsweise einer geschiedenen Ehefrau aufgrund der Erziehung und Pflege der ehegemeinschaftlichen Kinder ein Wiedereinstieg in ihren erlernten Beruf infolge der gestiegenen beruflichen Anforderungen und dem nunmehr erforderlichen Fachwissen nicht mehr möglich, ist von ehebedingten Nachteilen auszugehen.

Das neue Unterhaltsrecht sieht nunmehr auch die Möglichkeit vor, einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt sowohl der Höhe nach zu begrenzen als auch zeitlich zu befristen. Soweit der nacheheliche Unterhaltsanspruch infolge ehebedingter Nachteile zu bejahen ist, kommt es für die Dauer eines zu zahlenden nachehelichen Unterhalts maßgeblich auch auf die Dauer der Kinderbetreuung und der Rollenverteilung in der Ehe sowie auf die Dauer der Ehe selbst an. Von der sogenannten Lebensstandardgarantie, d. h. einer dauerhaften Teilhabe am früheren ehelichen Lebensstandard wurde im Hinblick auf die steigende Anzahl von Mehrehen Abstand genommen. Letzlich sind die konkreten Umstände des Einzelfalls  jeweils genau zu prüfen.

Betreuungsunterhalt

Das neue Unterhaltsrecht geht davon aus, dass ein alleinerziehender Elternteil grundsätzlich mit Vollendung des 3. Lebensjahres des jüngsten Kindes verpflichtet ist, einer eigenen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auch hier kommt es jedoch auf die Umstände des Einzelfalls an; wichtig sind beispielsweise die Anzahl der Kinder, das Alter der Kinder und die konkrete Möglichkeiten, die Kinder im Rahmen einer Fremdbetreuung (Kinderkrippe, Kindergarten) unterzubringen und betreuen zu lassen.
Dies ist eine wesentliche Änderung zum Rechtsstand vor dem 01.01.2008: Bis dato konnte die Aufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit von dem alleinerziehenden Elternteil in der Regel bis zu einem Alter von 6 - 8 Jahren nicht erwartet werden.

Zu beachten ist insbesondere, dass das neue Unterhaltsrecht auch für so genannte Altfälle gilt. Dies bedeutet, dass auch ein vor dem 01.01.2008 geschaffener und unbefristeter Unterhaltstitel jederzeit abgeändert werden kann.
Bereits jetzt haben die Familiengerichte eine Vielzahl von Abänderungsklagen für sog. Altfälle zu bearbeiten. Nachfolgend erhalten Sie ein Beispiel zur Erläuterung:

Der Ehemann, Zahnarzt, hat ein Einkommen von 4.000,00 €/netto.
Die Ehefrau ist Reinigungskraft und verfügt über ein Einkommen von 900,00 €/netto.
Die kinderlose Ehe wird nach 10 Jahren geschieden.
Ehebedingte Nachteile liegen nicht vor.

Bisher konnte die Ehefrau nach der Scheidung nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen des Ehemannes und nach Abzug von 1/10 Verdieneranreiz 1/2 der Differenz der Einkünfte zur Aufrechterhaltung des ehelichen Lebensstandards beanspruchen. Zugunsten der unterhaltsberechtigten Ehefrau errechnete sich somit ein nachehelicher Unterhaltsanspruch in Höhe von 1.326,00 €. Zukünftig wird der geschiedenen Ehefrau nach einer Übergangszeit wegen langer Ehedauer (10 Jahre) nur noch ein angemessener Lebensbedarf zustehen, d. h. ein Betrag, den die geschiedene Ehefrau selbst verdienen könnte, wenn es zu einer Eheschließung nicht gekommen wäre. Dies sind 900,00 €, da von ehebedingten Nachteilen, welche ausgleichspflichtig wären, vorliegend nicht ausgegangen werden kann. Diesen Bedarf sichert die geschiedene Ehefrau durch ihre eigene Erwerbstätigkeit bereits ab, sodass ein Unterhaltsanspruch nicht mehr besteht.

Bei Fragen kontaktieren Sie uns bitte. Wir beraten Sie gerne.

Rangverhältnisse

Die im Hinblick auf das Kindeswohl neu erschaffenen Rangverhältnisse betreffen vor allem die "Erst"-Ehegatten. Das Rangverhältnis zwischen Unterhaltsberechtigten spielt immer dann eine Rolle, wenn mehr Unterhaltsberechtigte vorhanden sind, als der Unterhaltsverpflichtete an Unterhalt leisten kann. Wie ausgeführt stehen minderjährige Kinder immer an erster Stelle; alle minderjährigen Kinder - unabhängig davon, aus welcher Ehe oder Lebensbeziehung - werden zuerst befriedigt.

Im zweiten Rang folgen Kindesmütter bzw. Kindesvätern, welche minderjährige Kinder erziehen. Auch hier spielt es keine Rolle, ob die Kinder ehelich oder nichtehelich sind. Den Müttern/Vätern minderjähriger Kinder gleichgestellt sind Ehegatten mit langer Ehedauer (10 Jahre +). An dritter Rangfolge folgen dann alle anderen Ehegatten und nachfolgend die zwischenzeitlich volljährigen Kinder. Geschiedene Eheleute mit einer langen Ehedauer müssen sich somit das Einkommen mit eventuellen neuen Partnern teilen, sofern diese minderjährige Kinder (des Ehegatten) erziehen.

Beurkundung von Unterhaltsvereinbarungen

Konnten früher Unterhaltsvereinbarungen ohne notarielle Beurkundung geschlossen werden, ist eine solche seit der Unterhaltsrechtsreform gesetzlich vorgeschrieben.

Wer heute heiratet und plant, sich der Kindererziehung zu widmen, anstatt die eigene berufliche Karriere zu verfolgen, dem ist anzuraten, nach eingehender anwaltlicher Beratung ggf. einen Ehevertrag abzuschließen und Unterhaltszahlungen abweichend vom Gesetz vertraglich zu vereinbaren.

Andererseits ist Unterhaltspflichtigen, welche derzeit unbefristet zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt verpflichtet sind, anzuraten, ihre Unterhaltsverpflichtung auf Grundlage des neuen Unterhaltsrechts eingehend überprüfen zu lassen, um auch hier unbillige Härten zu vermeiden.

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